Spermidin ist in aller Munde. Das natürliche Polyamin, das in kleinen Mengen in Lebensmitteln wie Sojabohnen und gereiftem Käse und in etwas höheren Mengen in Weizenkeimen vorkommt, ist in nahezu allen Körperzellen auffindbar. Wissenschaftler haben festgestellt, dass körpereigene Spermidin-Spiegel mit zunehmendem Alter abnehmen. Eine zusätzliche Zufuhr über die Nahrung gilt laut verschiedener Studien als vielversprechend, um alterungsbedingten Zellschäden entgegenzuwirken.¹ Tatsächlich hemmt Spermidin in Laborstudien nachweislich Histon-Acetyltransferasen und senkt so den Acetylierungsgrad bestimmter Zellproteine, die vermehrt mit Zellalterung, Entzündung und Stoffwechselentgleisung in Verbindung stehen. Diese epigenetische Wirkung, bzw. Umschaltung der Genaktivität, kann die zellulären Selbstreparaturmechanismen (Autophagie) aktivieren.²
Autophagie und Zellverjüngung
Ein zentrales Konzept hinter den positiven Effekten von Spermidin ist die Autophagie – die zelluläre „Selbstreinigung“. Dabei werden beschädigte Proteine und Zellbestandteile in den Zellen abgebaut und recycelt. Spermidin regt diesen Prozess deutlich an: In Zellkultur-Experimenten führte die Zugabe von Spermidin zu einer verstärkten Bildung von Autophagosomen (die für den Abbau zuständig sind).² Durch diesen Reinigungsmechanismus können Zellen in einen jüngeren, gesünderen Zustand zurückkehren. Entsprechend gibt es inzwischen einen breiten Konsens, dass Eingriffe, die die Autophagie fördern – etwa Fasten, Resveratrol oder auch spermidinreiche Ernährung – altersbedingten Krankheiten entgegenwirken und die Lebensdauer verlängern können.³ Beispielsweise zeigte sich in Tiermodellen, dass eine dauerhafte Spermidin-Gabe die Gesundheitsspanne erhöht und das Altern verzögert. Forscher konnten in Drosophila (Fruchtfliegen) und Mäusen nachweisen, dass Spermidin über diesen Weg die Überlebenszeit steigert. Auch in Bienen führte ein spermidinreiches Futter zu weniger zellulärem Stress und längerer Lebensdauer.⁴ Diese Befunde legen nahe, dass Spermidin zu einer systematischen Zellverjüngung beiträgt, indem es geschädigte Zellstrukturen entsorgt und den Stoffwechsel optimiert.⁵
Kognitive Gesundheit
Neben der allgemeinen Zellgesundheit hat Spermidin auch positive Effekte auf das Gehirn und Gedächtnis. In einer aktuellen Studie wurde gezeigt, dass Spermidin die Blut-Hirn-Schranke passiert und im Gehirn wirksam wird. In versuchsweise gealterten Mäusen steigerte eine spermidinreiche Diät die Energieproduktion in den Nervenzellen, insbesondere in den Hippocampusregionen, die für Gedächtnis und Lernen wichtig sind und verbesserte die räumliche Lernleistung. Dabei spielt ebenfalls die Aktivierung der Autophagie eine Rolle: Spermidin wirkt etwa über die Modifikation der Elongationsfaktor eIF5A, was die Leistung der Mitochondrien, unserer Zellkraftwerke und den Zellstoffwechsel in den Nervenzellen fördert. Schließlich weisen große Bevölkerungsstudien darauf hin, dass ein höherer Spermidin-Konsum mit einem geringeren Risiko für altersbedingte kognitive Einschränkungen oder Demenz verbunden ist. Zusammengefasst unterstützen experimentelle und epidemiologische Daten die Idee, dass Spermidin durch Verbesserung der zellulären Reinigungsprozesse im Gehirn die geistige Fitness bis ins hohe Alter fördern kann.⁶
Herz-Kreislauf-System
Auch das Herz profitiert offenbar von den epigenetischen und autophagischen Effekten von Spermidin. Untersuchungen an alternden Mäusen ergaben, dass spermidinreiche Kost die Autophagie im Herzmuskel steigert und geschädigte Mitochondrien gezielt abbaut (sogenannte Mitophagie). Dadurch wird das Herz vor altersbedingten Schäden geschützt: So entwickelten Mäuse unter Spermidin-Zufuhr einen geringeren Blutdruck und verzögerten die Entstehung einer hypertensiven Herzkrankheit. Mit anderen Worten, Spermidin entlastete das Herz, indem es für eine verbesserte Stickstoffoxidversorgung (NO-Wert) und bessere Nierenfunktion sorgte. Korrespondierende Daten beim Menschen zeigen, dass Personen mit hoher Spermidinzufuhr im Schnitt niedrigere Blutdruckwerte aufweisen und seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben. Epidemiologische Auswertungen deuten darauf hin, dass Spermidin in der Nahrung ähnlich wie ein natürliches Blutdrucksenkungs- und Gefäßschutzmittel wirkt. Durch die Aktivierung der Autophagie unterstützt es also nicht nur die Reinigung aller Zellen, sondern insbesondere auch die Funktion von Herz und Gefäßen.⁷
Schöne Haare und Haut
Zelluläre Alterungsprozesse haben auch sichtbare Auswirkungen auf Haut und Hautstruktur. Hier setzt der Nutzen von Spermidin über ähnliche Mechanismen an: Indem beschädigte Hautzellbestandteile entsorgt werden, kann die Regeneration der Haut unterstützt werden. Eine neuere Studie gibt Hinweise darauf, dass Spermidin jene Proteine stabilisieren kann, die für die Produktion von Melanin - dem Haut- und Haarfarbstoff, zuständig sind.⁸ Schon 2011 gab es Hinweise darauf, dass Spermidin das Haarwachstum fördert und als Modulator menschlicher, epithelialer Stammzellen interessantes Potenzial für die Jungerhaltung der Haut aufweist.⁹
Fazit
Insgesamt deuten diverse Studien darauf hin, dass Spermidin aus Weizenkeim-Extrakt ein breites Spektrum gesundheitsfördernder Effekte entfaltet. Hierbei zeigt sich die epigenetische Wirkung: durch Beeinflussung der Histon-Acetylierung und der damit verbundenen Genaktivität werden auf natürliche Weise zelluläre Autophagie-Prozesse angeregt. Es handelt sich um einen systemischen Verjüngungs- und Schutzmechanismus, der die vielfältigen positiven Effekte auf diverse Organe und Organsysteme erklärt.
Spermidinreiche Lebensmittel, wie z. B. Weizenkeime können gerade ab einem Alter von ca. 35 Jahren den Speiseplan auf ganzheitliche Art und Weise ergänzen und bereichern.